Interview mit Speaker, Autor und Sprechertrainer Michael ROSSIE „Eine gute und eine schlechte Moderation trennen Welten“

Es war einmal eine feierliche Abendgala namens „AUSTRIAN EVENT HALL OF FAME“ im Casino Baden, bei der herausragende Persönlichkeiten für Ihre besonderen Verdienste in Österreichs Eventbranche ausgezeichnet wurden (mehr Infos dazu HIER).

Zu den spannenden Protagonisten der Nacht gehörte auch einer, der in seiner Keynote Speech behauptete, „Ich erkenne nach zwei Sätzen, ob jemand moderieren kann oder nicht.“

Na toll! dachte ich mir als Moderatorin des Awards derweil hinter der Bühne. Obwohl ich schon 15 Jahre moderiere und ca. 4000 Sendungen im TV, Radio und auf der Bühne gemacht habe, trau ich mich nicht, den Herrn ROSSIE zu fragen, ob ich die Preisverleihung seiner Meinung nach bis jetzt gut moderiere. Es wäre aber eine lustige, spontane Aktion auf der Bühne, und das liebe ich ja, aber nein, lieber nicht… Was ist, wenn er sagt, „..naja, dazu sag ich jetzt lieber nichts vor so viel Publikum …“.

Also ließ ich es bleiben.

Inzwischen frag ich mich, ob Michael ROSSIE vielleicht Gedanken lesen kann. Nach Veranstaltungsende suchte er mich nämlich an der Bar, um mir zu sagen, dass er meine Moderation wirklich sehr gut fand. Natürlich, locker, ich hätte das toll gemacht. Und das von einem der für so gut wie alle deutschen Radio- und TV-Stationen gecoacht hat, von Pro Sieben über das Bayrische Fernsehen bis hin zu Constantin Entertainment und The Walt Disney Company.

Ich war überglücklich und stolz!
Und dachte mir, ich muss ein Interview mit Michael machen. Auch deshalb, weil ich mit seinem Zugang der Art und Weise Menschen in Sachen Kommunikation und Auftritt zu coachen, total konform gehe. In einem Artikel, den ich vor 4 Jahren geschrieben habe, spreche ich sehr ähnliche Dinge an, wie die, die Michael ROSSIE zu seinen Grundsätzen zählt:

Das beste Argument, einem Redner zu folgen, ist der Redner selbst. Also muss er in seiner Art gestärkt und nicht verbogen werden.“

Viel Vergnügen!

 

CATHY: Wir haben uns vor wenigen Wochen bei einer Preisverleihung kennengelernt, die ich moderiert habe. Nach meiner Regieprobe zwei Stunden vor Showstart hast Du zu mir gesagt, ich wäre die erste Moderatorin seit langem, die Du üben siehst! Ist üben unter Moderatoren und Vortragenden out?

Michael Rossie: Das war noch nie in. Fußballer üben, Jongleure üben, aber Moderatoren brauchen doch nicht üben. Die können doch nichts. Einfach so ein paar Sachen ansagen, das ist doch nicht schwer und man wird reich und zählt zur Prominenz. Aber so ist es eben nicht. Wenn ich mich auf der Bühne frei bewegen will, müssen die Abläufe sitzen. Zumal, wenn Menschen dabei sind, die sonst nicht auf Bühnen stehen. Nichts schlimmer, als wenn jemand von der falschen Seite kommt, man nicht weiß, ob man sich die Hände geben soll oder nicht und wo man stehen muss. Es macht erst Spaß, wenn das alles abläuft wie ein Uhrwerk. Eine Moderatorin muss das alles spielerisch im Griff haben. Üben zeigt mir, dass einer den Job wirklich ernst nimmt. Eine gute und eine schlechte Moderation trennen Welten.

In meinen Auftrittscoachings machen Vorbereitung und Wiederholungsschleifen – sprich ÜBEN – einen großen Teil aus. Nicht alle lieben das, aber meine Kunden sehen schnell, wie zielführend das ist. Das funktioniert ja wirklich, sagen die dann immer. Was wird Deiner Meinung nach am meisten unterschätzt, wenn es ums Präsentieren geht?

Michael Rossie: Man muss einfach viele Dinge auf einmal tun. Einen netten Menschen zu begrüßen ist einfach. Im Lichtkegel stehen ist einfach, einen Namen behalten ist nicht schwer und das Mikrofon vor den Mund zu halten auch nicht. Aber mach mal alles gleichzeitig. Es geht beim Moderieren darum, in einer sehr unnatürlichen Umgebung natürlich zu sein. Dazu muss man wenigstens ein paar Dinge so verinnerlicht haben, dass man darüber nicht nachdenken muss. Ein guter Moderator kann die Namen der Gäste absolut perfekt aussprechen, er weiß, was als nächstes kommt ohne auf seine Karte zu gucken. Und wenn er wirklich gut ist, spricht er frei und liest nicht von Karten ab. Dafür würde ich ihm kein Geld bezahlen. Das kann der Herr Direktor selber.

Du bist Speaker, Sprech- und Kommunikationstrainer, trainierst deutschlandweit bekannte und nicht bekannte Moderatoren und sagst „Ich höre nach zwei Sätzen, ob jemand moderieren kann oder nicht.“ Wann kann man denn moderieren?

Michael Rossie: Am schlimmsten ist – wenn der Moderator – alle paar Worte – eine Pause macht – die da – überhaupt nicht hingehört. Der hat den ganzen Text auswendig gelernt. Aber eben nicht so perfekt, dass er ihn locker abrufen kann. Nein, er holt immer ein paar Satzbruchstücke aus der Erinnerung. Das hört man auch bei Moderatoren, die vom Teleprompter ablesen. Die lesen immer nur, was in einer Zeile steht. Aber beliebt ist auch der Singsang von Stewardessen im Flugzeug oder die Betonung jedes zweiten Wortes. Da schlägt jemand auf die Wörter als seien es Kesselpauken, um Zeit zu gewinnen, sich den nächsten Satz zu überlegen. Nichts gegen Auswendiglernen (auch wenn frei gesprochen besser ist), aber dann muss es perfekt gelernt sein. Bei einer guten Moderatorin sind die Augen lebendig und strahlen und nicht voller Panik, was die 500 Leute wohl von ihr denken, wenn sie etwas falsch macht.

Was auffällt, ist, dass den Leuten irgendwann einmal von irgendwem gesagt worden sein muss, „Hey, auf der Bühne musst Du komplett anders sein als im normalen Leben“. Also anders als Person, anders beim Sprechen vor allem. Und dann ist die ganz normale emotionale Erzählsprache, die wir im Alltag alle automatisch gebrauchen, plötzlich weg und das Reden vor Publikum klingt teilweise super formal…

Michael Rossie: Ich bin mir nicht sicher, ob Menschen gesagt bekommen, dass sie anders sein sollen auf der Bühne. Besonders bei jungen Leuten zählt heute Echtheit und Natürlichkeit mehr als alles andere. Aber es wird eben komisch, wenn ich Tricks anwende. Wenn ich meinen Armen und Beinen genau sage, was sie zu tun haben, dann wird das ohne Schauspielausbildung unnatürlich. Auch wenn ich nicht weiß, wie ich Sätzen einen Unterton gebe. „Herzlich willkommen“ kann man jederzeit aufsagen. Aber wie sage ich das mit einem warmen oder einem verheißungsvollen oder einem feierlichen Unterton. Außerdem bin ich auch bei der feierlichsten Moderation für „mündlich“. Da hat nicht jeder Satz ein Verb und Sätze brechen auch mal ab. So wie wir eben reden. Einen festen Satzbau gibt es vor allem im Schriftlichen. Und eine Schreibe ist noch lange keine Rede.

Hast Du zum Abschluss einen Michael-Rossie-Super-Allzweck-Trick für all jene, die vor Publikum präsentieren müssen, egal ob vor Kunden, Chefitäten oder sonst jemandem. Etwas, das sofort wirkt, um sicherer reinzugehen in das Ganze.

Michael Rossie: Mein Credo ist, lieber das Thema vorzubereiten als die Sätze. Sammeln Sie zum Beispiel für die Begrüßung ein paar Ideen, was Sie sagen wollen. Und jetzt fangen Sie beim Üben immer anders an. Ganz bewusst. Und wenn Sie etwas vergessen, fangen Sie beim nächsten Durchgang genau damit an. Nach der dritten Wiederholung haben Sie die Begrüßung im Kopf. Dazu schreiben Sie die Sachinformationen der Begrüßung (z.B. Namen und Zeiten und Orte) auf eine Moderationskarte, die Sie vielleicht brauchen und vielleicht nicht. Dann folgt vielleicht die Vorstellung einer Person. Sammeln Sie wieder ein paar Infos und fangen Sie jedes Mal beim Üben anders an. Und so weiter. Und gehen Sie zum Üben nicht in den Keller. Beim Anstarren einer weißen Wand gelingt Ihnen alles. Nein, machen Sie etwas dabei. Üben Sie beim Fahrradfahren, beim Tischdecken, auf dem Weg in die Kantine. So werden Sie später auf der Bühne ganz entspannt moderieren.

 

Und noch ein kleiner WORDRAP zum Abschluß…

Kaffee oder Tee
Weder noch. Ich trinke nicht gerne was Warmes.

Wurst- oder Käsebrot
Weder noch. Ich passe sehr mit den Kohlehydraten auf und 45% Käse ist auch nicht unbedingt ein Essen, mit dem man sein Gewicht hält.

Elvis Presley oder Justin Bieber
Auch keiner von beiden. Einen Justin-Bieber-Song würde ich nicht erkennen, ein Elvis-Song hängt mir zum Halse raus.

Stoffhose oder Jeans
Auf der Bühne Stoff, privat Jeans

Stadt oder Land
Land mit Stadt ganz nah

Bügeln oder Staubsaugen
Beides wenn es nötig ist

SMS, WhatsApp oder Telefon
WhatsApp.

Üben oder nicht üben. Okay blöde Frage
Es ist wichtig, dass das keine blöde Frage ist.

Zeit oder Geld
Zeit

Interview Michael Rossie Cathy Zimmermann

Weitere Infos zu Michael ROSSIE finden Sie HIER https://www.sprechertraining.de/

 

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